Sommerhitze und Hunde: Gefahren erkennen-Leben schützen (2)

  • Daniela Hubl
  • 16.07.2024
  • Gesundheit

Warnsignale erkennen: Symptome einer Überhitzung

Die Fähigkeit, die Symptome einer Überhitzung frühzeitig zu erkennen, ist entscheidend für das Leben des Hundes. Die Anzeichen können sich in verschiedenen Stadien manifestieren und erfordern unterschiedliche Dringlichkeitsgrade der Reaktion.

Frühe Anzeichen (Hitzestress)

Zu den ersten Warnsignalen, die auf beginnenden Hitzestress hinweisen, gehören:

  • Starkes Hecheln: Eine schnelle, übertriebene Atmung, die intensiver ist als gewöhnlich.(1)
  • Unruhe oder Nervosität: Der Hund kann unaufmerksam, rastlos oder ängstlich wirken.(1)
  • Langgestreckter Hals und weit heraushängende Zunge: Eine charakteristische Körperhaltung, die darauf abzielt, den Luftstrom zur Kühlung zu maximieren.(1)
  • Nervöses Suchen nach einem kühlen Ort: Der Hund versucht aktiv, Schatten oder einen kühleren Bereich zu finden.(7)
  • Vermehrter Speichelfluss: Übermäßiges Sabbern oder Speicheln.(6)
  • Erschöpfung: Anzeichen von Müdigkeit oder Lethargie.(2)

Fortgeschrittene Symptome und Notfallzeichen (Hitzschlag)

Wenn der Hitzestress unbehandelt bleibt, können sich die Symptome rasch zu einem lebensbedrohlichen Hitzschlag entwickeln:

  • Schnelle, flache Atmung: Die Atmung wird sehr schnell und oberflächlich, was auf Atemnot hindeutet.1
  • Erhöhter Puls oder Herzrasen: Die Herzfrequenz ist deutlich beschleunigt.2
  • Hohe Körpertemperatur: Eine rektale Körpertemperatur über 40°C ist ein klares Zeichen für einen Notfall.1
  • Tiefrote Zunge: Die Zunge erscheint ungewöhnlich dunkelrot.2
  • Rötung der Schleimhäute und der Innenseiten der Ohren: Die Schleimhäute (Zahnfleisch, innere Augenlider) und Ohrmuscheln sind stark gerötet.1 Alternativ können auch blasse oder bläuliche Schleimhäute auftreten, was auf einen schweren Schock oder Sauerstoffmangel hinweist.1
  • Glasiger oder starrer Blick: Die Augen des Hundes können unfokussiert oder fixiert wirken.2
  • Erbrechen und/oder Durchfall (möglicherweise blutig): Magen-Darm-Beschwerden, die schwerwiegend sein und Blut enthalten können.1
  • Muskelzittern oder Krämpfe: Unwillkürliche Muskelkontraktionen oder ausgewachsene Krampfanfälle.1
  • Taumelnder Gang, Gleichgewichtsstörungen, Schwanken: Unkoordinierte Bewegungen, Schwierigkeiten beim Gehen oder Stolpern.1
  • Apathie, Teilnahmslosigkeit oder Panikverhalten: Der Hund kann teilnahmslos, lustlos oder im Gegenteil extrem panisch wirken.1
  • Bewusstseinsstörungen bis zur Bewusstlosigkeit/Koma: Eine verminderte Reaktionsfähigkeit, Desorientierung, Kollaps oder vollständige Bewusstlosigkeit.1
  • Eingefallen wirkende Augen: Die Augen können eingesunken erscheinen.2


Vitalwerte prüfen (falls möglich)

Bei Verdacht auf Überhitzung sollten, wenn möglich, folgende Vitalwerte überprüft werden:

  • Verzögerte kapillare Füllzeit: Ein Test, der auf eine schlechte Durchblutung hinweist.2
  • Prüfung auf lebensgefährlichen Flüssigkeitsmangel (Dehydration): Einschätzung des Grades der inneren Austrocknung.2
  • Prüfung auf drohenden Hitzeschock/Kreislaufschock: Bewertung auf Anzeichen eines bevorstehenden systemischen Schocks.2

Die hier dargestellte Bandbreite der Symptome, von den frühen, milderen Anzeichen von Hitzestress bis hin zu den kritischen Indikatoren eines ausgewachsenen Hitzschlags, verdeutlicht einen dynamischen Verlauf der Erkrankung. Die frühen Anzeichen dienen als entscheidende Warnsignale, die sofortiges Handeln erfordern. Die fortgeschrittenen Symptome hingegen kennzeichnen einen akuten Notfall. Die Beobachtung von sowohl "tiefroten" als auch "blassen/bläulichen" Schleimhäuten 1 deutet auf unterschiedliche Stadien oder Formen von Kreislaufversagen hin – von anfänglicher Gefäßerweiterung bis hin zu schwerem Schock oder Sauerstoffmangel. Es ist von größter Bedeutung, bereits bei den ersten Anzeichen von Überhitzung entschlossen zu handeln, da eine Verzögerung der Intervention bis zum Auftreten schwerwiegender Symptome die Überlebenschancen des Hundes drastisch reduziert.

Risikofaktoren: Welche Hunde sind besonders gefährdet?

Die Anfälligkeit eines Hundes für Hitze ist selten auf einen einzelnen Faktor zurückzuführen, sondern ergibt sich aus einem komplexen Zusammenspiel verschiedener physiologischer Merkmale, des Gesundheitszustands und der Umweltbedingungen.

1.Rasse, Alter und Gesundheitszustand

Bestimmte Hunde sind aufgrund ihrer Konstitution oder ihres Gesundheitszustandes anfälliger für Hitzestress:

Kurzköpfige (brachycephalische) Rassen: Rassen wie Bulldoggen, Möpse, Boston Terrier und Französische Bulldoggen sind aufgrund ihrer anatomisch verkürzten Nasen und verengten Atemwege extrem gefährdet. Diese Merkmale behindern ihre Fähigkeit, die Körpertemperatur durch Hecheln effektiv zu regulieren.1 Sie können selbst bei minimaler körperlicher Aktivität schnell überhitzen.9

Langhaarige Rassen mit viel Unterwolle: Rassen wie Samojeden, Bernhardiner, Neufundländer und andere nordische Rassen besitzen dichtes Fell und eine dicke Unterwolle, die wie eine Isolationsschicht wirkt und es ihnen erschwert, überschüssige Körperwärme abzugeben.1

Ältere Hunde: Mit zunehmendem Alter nimmt die Fähigkeit zur Thermoregulation ab. Ältere Hunde können Wärme weniger effektiv ableiten und zeigen oft eine reduzierte Trinkdisziplin, was sie anfälliger für Dehydration macht.1 Obwohl ältere Hunde im Winter leichter frieren 10, unterstreicht dies das allgemeine Prinzip einer beeinträchtigten Thermoregulation, die sie für beide Temperaturextreme anfällig macht.

Sehr junge Tiere/Welpen: Welpen und sehr junge Hunde sind ebenfalls besonders anfällig für Hitzestress.2

Übergewichtige Hunde: Hunde mit Übergewicht haben eine geringere Oberfläche im Verhältnis zu ihrer Körpermasse, was die Wärmeabgabe erschwert. Das zusätzliche Gewicht führt zudem zu erhöhter Anstrengung und Belastung bei Hitze.1

Trächtige Hündinnen: Trächtige Hündinnen haben ein erhöhtes Risiko für hitzebedingte Komplikationen.4

Kranke Hunde: Hunde mit Vorerkrankungen wie Herz-, Lungen- oder Hormonstörungen haben häufig Schwierigkeiten mit der Wärmeregulation.1 Bestimmte Medikamente können ihre Hitzetoleranz zusätzlich beeinträchtigen.9

2.Umweltbedingungen und Aktivitäten

Externe Faktoren spielen eine ebenso wichtige Rolle bei der Entstehung von Hitzeproblemen:

Körperliche Überanstrengung bei Hitze: Anstrengende Aktivitäten wie Joggen, Radfahren oder intensiver Hundesport sollten bei hohen Temperaturen unbedingt vermieden werden.1

Schwüle Witterung: Eine hohe Luftfeuchtigkeit reduziert die Effektivität der Verdunstungskühlung durch Hecheln erheblich, was es Hunden wesentlich schwerer macht, sich abzukühlen.1

Maulkörbe, die das Hecheln behindern: Maulkörbe, die das Maul des Hundes so einschränken, dass er nicht frei hecheln kann, sind bei Hitze lebensbedrohlich.1 Es sollten nur Maulkörbe verwendet werden, die volles Hecheln ermöglichen.1

Fehlender Schatten und Wasser: Ein Mangel an Zugang zu Schatten und frischem Wasser sind kritische Risikofaktoren für Überhitzung.1 Hunde, die in der prallen Sonne angebunden sind, haben ein außergewöhnlich hohes Risiko.2

Die Gefahr der Hitze für Hunde ist selten auf einen einzelnen Faktor zurückzuführen, sondern entsteht aus einem komplexen Zusammenspiel mehrerer Elemente. Beispielsweise ist ein brachycephaler Hund (physiologische Prädisposition durch anatomische Einschränkungen), der bei schwülem Wetter (Umweltstressor, der die Verdunstungskühlung beeinträchtigt) körperlich aktiv ist (Verhaltensstressor, der die innere Wärmeproduktion erhöht), einem extrem erhöhten Hitzschlagrisiko ausgesetzt. Dies verdeutlicht, wie angeborene anatomische Merkmale (z.B. kurze Schnauze, dickes Fell), Stoffwechsel- und Gesundheitszustände (z.B. Alter, Gewicht, Vorerkrankungen) sowie äußere Bedingungen (z.B. Luftfeuchtigkeit, Mangel an Wasser oder Schatten, einschränkende Maulkörbe) zusammenwirken, um die ohnehin begrenzten Thermoregulationsfähigkeiten des Hundes zu überfordern. Es ist daher unerlässlich, dass Hundehalter das individuelle Risikoprofil ihres Hundes in Verbindung mit den vorherrschenden Umweltbedingungen und geplanten Aktivitäten berücksichtigen. Eine allgemeine, pauschale Herangehensweise an die Hitzeprävention ist unzureichend; ein personalisierter und nuancierter Ansatz ist für die Sicherheit des Tieres unerlässlich.


Bild von Lu auf Pixabay

Referenzen

  1. Hitzschlag beim Hund – die stille Gefahr im Sommer, Zugriff am August 13, 2025, https://www.tieraerztlicheszentrum-birkenfeld.de/?view=article&id=36:hitzschlag-beim-hund-die-stille-gefahr-im-sommer&catid=8
  2. Hitzschlag - ERSTE HILFE BEIM HUND, Zugriff am August 13, 2025, https://www.erste-hilfe-beim-hund.de/cgi-php/rel00a.prod/joomla/Joomla_1.6/index.php/hitzschlag
  3. Hitzegefahr im Sommer: Tiere vor hohen Temperaturen schützen ..., Zugriff am August 13, 2025, https://www.tierschutzbund.de/ueber-uns/aktuelles/presse/meldung/hitzegefahr-im-sommer-tiere-vor-hohen-temperaturen-schuetzen/
  4. Hitzschlag bei Hund und Katze: Zeichen,Prävention,Behandlung, Zugriff am August 13, 2025, https://meinhaustierundich.elanco.com/de/haustiergesundheit/hitzschlag-bei-hunden-katzen-symptome-vorbeugung-behandlung
  5. Hitzestress bei Hunden - Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, Zugriff am August 13, 2025, https://mlr.baden-wuerttemberg.de/de/unser-service/presse-und-oeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilungen/pressemitteilung/pid/hitzestress-bei-hunden
  6. Hitzefalle Auto: Lebensgefahr für Hunde bereits nach Minuten, Zugriff am August 13, 2025, https://www.tiho-hannover.de/universitaet/aktuelles-veroeffentlichungen/pressemitteilungen/detail/hitzefalle-auto-lebensgefahr-fuer-hunde-bereits-nach-minuten
  7. Hitzestress bei Hunden | MLEUV, Zugriff am August 13, 2025, https://mleuv.brandenburg.de/mleuv/de/ueber-uns/landestierschutzbeauftragte/themen/hitzestress-bei-hunden/
  8. Kann Ihr Auto zu einer Hitzefalle werden? - VIER PFOTEN in der ..., Zugriff am August 13, 2025, https://www.vier-pfoten.ch/unseregeschichten/ratgeber/hitzefalle-auto
  9. Tierarzt bereitschaft leipzig | Hunde und Hitze, Zugriff am August 13, 2025, https://www.tierarzt-auensee.de/hunde-und-hitze
  10. Hundesenioren – Wie alte Hunde gut durch den Winter kommen - Fressnapf, Zugriff am August 13, 2025, https://www.fressnapf.de/magazin/hund/pflege-hygiene/hundesenioren-im-winter/
  11. Pfotenschutz für Hunde im Sommer - Hundeschuhe sinnvoll?, Zugriff am August 13, 2025, https://www.dogslove.com/de/pfotenschutz-im-sommer
  12. Hitze: Wie lassen sich Hundepfoten schützen? - RND, Zugriff am August 13, 2025, https://www.rnd.de/familie/hitze-wie-lassen-sich-hundepfoten-schuetzen-PJ5GHSFNDKFOVOZG7ZEBHFV7LI.html

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